Forge de Laguiole – Mehr als nur ein Taschenmesser!

Duftendes Walcholderholz, kühles Rinderhorn, raue Mooreiche, schimmerndes Rosenholz oder glatt poliertes Bein – Das sind einige der unzähligen verschiedenen Griffvarianten der formschönen handgefertigten Taschenmesser aus dem französischem Aubrac. Die praktischen Messer traten aus dem Dörfchen Laguiole in der Auvergne mit nur 1.200 Einwohnern einen weltweiten Siegeszug an.

Geschichte der Taschenmesser von Forge de Laguiole

Bereits im Mittelalter sind Schmieden, die Messer fertigen, in Laguiole belegt. Damals handelte es sich allerdings noch um ein sehr einfaches Messer mit feststehender Klinge für Hirten und Bauern. Das sogenannte „Capuchadou“ wurde am Gürtel getragen und diente bis ins frühe 19. Jahrhundert als Werkzeug, Waffe, aber auch Statussymbol. „Capuchadou“ bezeichnet im lokalen Dialekt das Abschneiden oder Kappen eines Astes. Das Messer wurde darüber hinaus für vielfältige andere Zwecke genutzt: Schlachten von Kleintieren, Abwehr von Wölfen, zum Schneiden von Brot und Käse aber auch beim Korbflechten.

Erfindung aus Laguiole: Klappmesser mit Slipjoint

1829 entwirft der junge Schmied Pierre-Jean Calmels ein Klappmesser, welches das traditionelle Messer mit feststehender Klinge ablösen soll. Etwa 20 Jahre lang verbessert er seinen Entwurf immer wieder, bis die heutige Form entsteht. Laut Überlieferung erfand Calmels auch den bis heute bei Forge de Laguiole Messern eingebauten Slipjoint-Verschluss. Hierbei wird die Klinge von einer Feder in geöffneter Position gehalten. Will man das Messer wieder einklappen, muss erst der Widerstand dieser Feder überwunden werden. Dieser gilt als traditioneller Verschluss von Klappmessern, wie man ihn noch aus Großvaters Zeiten kennt. Allerdings sollte man  das Messer nie zuschnappen lassen, da die Klinge dann auf der Innenseite der Feder schlägt. Das Taschenmesser sollte stets langsam geschlossen werden. Die Nachfrage nach dem praktischen Klappmesser mit noch schlichter Form steigt und es wird an die Kundenbedürfnisse angepasst.

In Laguiole ist der Kunde König

Auf Wunsch von Hirten und Viehzüchtern wird ein Dorn integriert, mit dem bei Bedarf ein rettender Pansenstich in den aufgeblähten Magen von Wiederkäuern ausgeführt werden kann. Der Dorn wird aber auch bei Sattlern, Reitern und Kutschern genutzt, um Löcher in Leder zu stanzen oder Steine aus den Hufen zu entfernen.
Ab 1850 sind die Taschenmesser am Griff mit einem Kreuz aus kleinen eingeschlagenen Nägeln verziert. Angeblich sollen Hirten das Messer in die Erde gesteckt haben, um am Sonntag oder abends davor zu beten. Hirten war es meist nicht möglich am sonntäglichen Gottesdienst teilzunehmen, da sie auch dann das Vieh hüten mussten.
In dieser Zeit setzte in der Region eine Landflucht ein und viele junge Menschen zog es in Großstädte, allen voran Paris. Anhand ihrer Messer erkannten sich die „Auvergnats“ (Bewohner der Auvergne, zu der Laguiole zählt) auch in der Fremde sofort. Viele fanden Arbeit in der Gastronomie. Durch die speziellen Bedürfnisse dieser Berufsgruppe wurde das Taschenmesser nun noch um einen Korkenzieher ergänzt.

EIN ORIGINAL

Wie erkennt man ein echtes Taschenmesser von Forge de Laguiole?

Jede begehrte Marke ruft natürlich auch billige Nachahmer auf den Plan. So auch bei den Taschenmessern von Laguiole. Laguiole ist leider kein geschützter Markenname, sondern nur ein Oberbegriff für die Messer aus der Region. Es ist deshalb auch nicht strafbar, anderweitig produzierte Messer als Laguiole zu bezeichnen. Daher kursieren auch viele qualitativ minderwertige Messer aus Massenproduktion mit der Bezeichnung Laguiole. Im Folgenden sind einige hilfreiche Kriterien aufgelistet, die bei der Unterscheidung hilfreich sind.

Herstellungsort

Man sollte sich die Zeit nehmen, zu prüfen, ob es sich um eine real existierende Produktionsstätte mit Adresse aus der historischen Region handelt.

Klinge & Logo

Die Klingen bestehen in der Regel aus Sandvik-Stahl, alternativ aus Karbon -oder Damaszenerstahl. Die Klingen sind zudem geschmiedet und nicht gestanzt. Steakmesser aus Laguiole sind nie mit einem Wellenschliff versehen, dort werden ausschließlich Steakmesser mit glatten Klingen gefertigt.

Die Klingen aus Laguiole sind immer mit dem Namen oder dem Logo der Herstellerschmiede versehen, Das Logo ist zudem immer eingestanzt und nicht gelasert. Steht nur „Laguiole“ auf der Klinge gilt es vorsichtig zu sein.

Material

Taschenmesser aus Laguiole zeichnen sich durch hochwertige Materialien bei Klingen und Griffschalen aus. Bei Griffschalen aus Epoxidharz, Kunststoff oder Plastik gilt: „Finger weg“!

Preis

Die Taschen- und Sommeliermesser werden aufwändig mit viel Handarbeit in Frankreich hergestellt. Zudem werden nur hochwertiger Stahl für die Klinge und edle Materialien für die Griffschalen verwendet. Ein sehr aufwändiger, arbeits- und kostenintensiver Vorgang, der es ausgeschlossen macht, die Messer für nur wenige Euro anzubieten. Sechs Messer oder mehr für unter 100 Euro sind daher ein absolut unrealistisches Angebot, von dem man die Finger lassen sollte.

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Die Symbole

Biene oder Fliege?

Um etwa 1880 werden die Taschenmesser von Laguiole erstmal verziert. Wann genau zum ersten Mal eine Biene verwendet wurde, lässt sich nur schwer sagen und noch heute gibt es darüber Grundsatzdiskussionen unter Experten. Laut einer Legende verlieh Napoleon I. Bonaparte den Auvergnats das Recht, ihre Messer mit einer Biene zu verzieren. Die Biene war ein zentrales Element des napoleonischen Wappens und er trug selbst häufig eine goldene Brosche mit einer Biene am Revers seines Mantels. Angeblich wollte Napoleon den Bewohnern für ihren Mut und ihre Tapferkeit in seinen Feldzügen und Schlachten danken.

Eine weitere Legende erzählt, dass die Biene erst von Napoleon III. als Pflichtverzierung anordnete. Auch aus dem okzitanischem Dialekt ist die Verwendung der Biene möglicherweise zu erklären. Dort heißt die Biene „abelha“ und bezeichnet bei Schmiedemeistern zugleich den Kopf bzw. die Ummantelung des Messergelenkes.

Die Herkunft der Bienen auf den Messern von Laguiole ist also nicht gesichert. Ebenso wenig ist gesichert, ob es sich überhaupt um eine Biene, oder eine Fliege handelt. In der Fachsprache der Schmiedemeister wurde mit „mouche“ (Fliege) auch ein kleines Dreieck bezeichnet, dass man nach hinten ziehen musste, um die ausgeklappte Klinge zu entriegeln. Durch den Slipjoint-Verschluss ging auch ihre Bedeutung als funktionales Element verloren. Es gibt viele gegensätzliche Meinungen zu dem Thema, ob es sich um eine Biene oder Fliege handelt, aber keine eindeutige Antwort. Zudem muss ein echtes Laguiole-Messer auch nicht verbindlich mit einer Biene oder Fliege verziert sein. Es gibt auch Varianten mit Jakobsmuscheln, Kleeblättern, Weintrauben, Totenköpfen und vielen anderen Symbolen.

Rolls Royce unter den Taschenmessern.

Niedergang und Wiederaufstieg

Die beiden Weltkriege forderten auch in Laguiole ihren Tribut. Nur noch zwei kleine Schmiedebetriebe hielten die Produktion aufrecht bis sich in den 1980er Jahren beschlossen wurde, die Tradition wiederzubeleben. Alte Schmieden wurden wiedereröffnet, neue Werke gebaut und schnell fanden wieder Hunderte Arbeit. Viele Designer, Künstler und Architekten arbeiteten mit an den Entwürfen und die Messer wurden aufgrund ihrer Eleganz, hochwertigen Verarbeitung und der edlen Materialien zum Rolls Royce unter den Taschenmessern.

Messer von Laguiole sind heute Ausstellungsobjekte in renommierten Museen, wie dem Museum of Modern Art in New York. Sie werden in Sternerestaurants aufgetischt, von französischen Politikern bei Staatsempfängen verschenkt, aber auch ganz einfach in Küche, Jagd oder zum Hausgebrauch genutzt.